MK:

„Geformt soll werden, was der Welt hilft“

Vortrag Johannes Stüttgen
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „In jedem Detail das Ganze – 100 Jahre Joseph Beuys“

 Schauspielhaus
 9 Euro
 Schauspielhaus
 9 Euro

Der Tag der Deutschen Einheit gibt immer Anlass über die Geschichte Deutschlands und seiner Teilung in der Nachkriegszeit nachzudenken. Beuys beschäftigte sich intensiv mit den unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des geteilten Deutschlands. An die DDR-Führung richtete er den Appell, die Großskulptur der Berliner Mauer wegen der besseren Proportion um 5 cm zu erhöhen. 1981 zeigte die Ständige Vertretung der BRD in Ostberlin eine erste Beuys-Ausstellung. Wer sie sehen wollte, musste mit Restriktionen rechnen. Erst Anfang 1988 gab es eine allgemein zugängliche, sehr kontrovers diskutierte Beuys-Ausstellung und kurz darauf erschien im Leipziger Szeemann Verlag eine umfassende Beuys-Biographie. Im Vorwort heißt es dazu: „Ob man mit dem Gesellschafter Beuys wird wirklich rechnen können, bleibt der Zukunft überlassen. Als Künstler, der die Lasten des sozialen Planens auf sich gezogen hat, ist er schon jetzt in dieses Jahrhundert eingegangen.“ Den Volksaufstand, die anarchische Phase mit dem Schlachtruf „Wir sind das Volk“ hat Beuys leider nicht mehr erlebt. Die deutsche Wiedervereinigung war nach der Terminologie von Beuys eine soziale Plastik, deren Formung zu einem einheitlichen Gebilde, was der Welt nutzt, immer unsere Aufgabe bleiben muss. Beuys war schon gezeichnet von dem bevorstehenden Tod als er 1985 in den Münchner Kammerspielen jene schon legendäre Rede „Sprechen über Deutschland“ hielt. Das Publikum war ergriffen und fasziniert, wie er ohne Manuskript , frei und spontan sein Credo und Lebenswerk mit ganz verständlichen Worten, gelegentlich auch mit dem ihm eigenen Humor, Revue passieren ließ. Es war eine Abschiedsrede mit der tröstlichen Vision der Auferstehung und dem Bekenntnis zur Deutschen Sprache als Mittel und Ausgangspunkt für die notwendige Umgestaltung des „Sozialen Körpers“. Wohlgeformt war jeder Satz: „Das Kunstwerk ist das allergrößte Rätsel, aber der Mensch ist die Lösung“ und seiner scharfsinnigen Kritik an den bestehenden Verhältnissen, stellte er in seiner Rede immer auch Lösungen gegenüber. Gegen Ende sprach Beuys jenen Satz „Geformt soll werden, was der Welt hilft“.

Text: Wolfger Pöhlmann

Kooperationspartner: Städtische Galerie im Lenbachhaus - Bayerische Akademie der Schönen Künste - MAXIMUM KunstGegenwart Traunreut - Münchner Kammerspiele - Pinakothek der Moderne – Gemeinde Tyrlaching
Organisation: Meta Theater, www.meta-theater.com