Theaterkasse
Maximilianstraße 26-28
Mo-Sa: 11:00 – 19:00 Uhr
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What is the City? #9: Sprich mit uns darüber, was dich bedroht
Tuncay Acar (Real München e.V.) und Harald Wolff (Münchner Kammerspiele)
laden ein, sich mit ihnen über Diskriminierung, Marginalisierung und Bedrohungserfahrungen in der Gesellschaft zu unterhalten. Die Gespräche werden live vor Ort auf die Maximilianstraße übertragen und per Audio ins Netz gestreamt. Wenn Du dazu etwas zu sagen hast oder über eigene Erfahrungen berichten willst, dann komm zum Habibi-Kiosk und rede mit uns: Von 15 bis 21 Uhr, unter Klarnamen oder anonym.
Der noch amtierende Heimat- und Innenminister Horst Seehofer äußerte sich Anfang September 2018 zu den rechten Protesten in Chemnitz mit der Aussage, die Mutter allen Übels sei die Migration. Damit lenkte er den Diskurs weg vom eigentlichen Thema - nämlich dem Rechtsruck in der deutschen Gesellschaft - und schob die Schuld in gewohnter rechtspopulistischer Manier den „Anderen“ und damit gesellschaftlich benachteiligten Gruppen der Gesellschaft zu. Diese unverantwortliche, diskriminierende und auch frauenfeindliche Aussage eines hohen deutschen Regierungsvertreters markierte einen Wendepunkt in einem politischen Diskurs, der bis dahin von Angela Merkels „Wir schaffen das“ und von Hilflsbereitschaft und Menschlichkeit der deutschen Bevölkerung geprägt war. Seit Seehofers Aussage ereigneten sich nicht nur der Anschlag auf den Regierungspräsidenten von Kassel, Walter Lübke (CDU), sondern auch die Anschläge von Halle und Hanau
Was bei all den Diskussionen um solche Vorkommnisse im öffentlichen Bewusstsein völlig ausgeblendet wird, ist die verheerende Wirkung, die nicht nur die Anschläge selbst, sondern schon die Worte, Begrifflichkeiten und Aussagen in Menschen auslösen, die nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehören. Die Deklarierung der NSU-Morde als „Dönermorde“, die daraufhin vorgenommene Gründung der Sonderkommission „Bosporus“ sorgt nicht nur im nachhinein, sondern schon von Anfang an für äußerste Verunsicherung und Traumatisierung.
Die Aussage „die Mutter allen Übels ist die Migration“ mag für den/die Durchschnittsdeutsche*n lediglich wie eine unglückliche Wortverfehlung klingen. Von jemandem mit migrantischen Wurzeln hingegen wird sie als massive Drohung wahrgenommen, gerade vor dem Hintergrund der Geschehnisse in Mölln, Solingen, dem NSU, Oury Jalloh etc.
Deswegen müssen wir über die Selbstwahrnehmung der Mehrheit in der Gesellschaft reden, über die (Sprach-)Bilder, die von „den Fremden“ und „den Unsrigen“ erzeugt werden, darüber, dass erst der Mord an einem deutschstämmigen Politiker durch rechte Attentäter zu markanten Aussagen gegen rechte Netzwerke geführt hat.
Mit „Der Vater allen Übels“ wollen die Münchner Kammerspiele in Kooperation mit dem Real München e.V. ein Gespräch anregen, das lange schon überfällig ist: Was löst man mit politisch (un)bewußten und grobschlächtigen Äusserungen in Menschen aus, die nicht die Sicherheit der Mehrheit in der Gesellschaft genießen und leicht zu Opfern rechter Gewalt werden können? Welche Erfahrungen haben Menschen in der deutschen Gesellschaft mit solchen traumatisierenden Aussagen schon gemacht - nicht nur auf der großen politischen Bühne, sondern auch im banalen Alltag, in der Schule, in der Arbeit? Welche gesellschafliche Systematik steckt hinter solchen Vorgängen - welche machtpolitischen Automatismen?
Wer ist der Vater allen Übels?
Tuncay Acar, Vorstandsvorsitzender des Real München e.V. und Harald Wolff, Dramaturg der Münchner Kammerspiele laden gezielt Gesprächspartner*innen in den Habibi Kiosk der Kammerspiele ein, um sich mit ihnen darüber auszutauschen. Die Gespräche finden immer zu zweit statt, werden aber über Lautsprecher nach Außen auf die Maximilianstrasse übertragen. Neben den eingeladenen Gästen können sich auch Passant*innen spontan als Gesprächspartner*in anmelden.
Die Gespräche werden gleichzeitig auch online als Audio gestreamt.