NEW BEGINNINGS
INSZENIERUNG: ALEXANDER GIESCHE
„Ich hab mir jetzt das neue MacBook Pro mit Touchbar geholt. Bootet
ratzfatz. Sogar meine Pornofilme kann ich jetzt viel schneller
anschauen.“
Es gab mal eine Zeit, in der man Menschen noch nicht
mit einem Wisch nach rechts konsumieren konnte. Wie
war das eigentlich? Als der Mensch noch nicht Verbraucher
genannt wurde. Als die Erfüllungen der Wünsche
noch nicht personalisiert waren, nur einen Klick and
Buy entfernt, noch keine algorithmischen Vorwegnahmen
des Unterbewusstseins. Als die körperliche Präsenz
noch verheißungsvoller war als ihre digitale Projektion.
Als das Leben noch nicht Porno war. Wann bin ich eigentlich
verlorengegangen? War es, als sie anfingen,
meine Daten zu verkaufen? Oder vielleicht doch auf
dem Weg zum Sneakerladen?
DER ALGORITHMUS HAT ES VERSAUT. Eine Weile war seine Anwesenheit
ja irgendwie faszinierend. Dass er mich mir
nahebrachte. Mich kannte wie eine Freundin. Ein Spion,
mit nur dem einen Auftrag: mich auszuspähen und
meine Intimität zu teilen – aber da ist eben niemand.
Hinter der Scheibe. KEINER DA. KEINER GUCKT. NIEMAND KOMMT.
Dabei fanden wir sie doch mal aufregend: die Präsenz
hinter dem Vorhang. Im Dunkeln. Um zu beschatten.
Um zu lauschen und zu linsen. Und den Atem anzuhalten,
rot zu werden, dann zu stottern. Zu früh zu kommen.
Und als letztes zu gehen. Das ganze Theater eben.
Aber UNSERE PEEPSHOWS SIND LEER. Da bleiben nur noch die
ganz grundlegenden Fragen: Wie wäre es mit ein wenig
weniger Hass? Mit ein wenig weniger Feindschaft? Ein
wenig weniger Paranoia, Propaganda, Pornografie? Wer
ist eigentlich der traurigste Mensch?
Der Theatermacher und Bildende Künstler Alexander
Giesche, in den vergangenen zwei Spielzeiten mit seiner
Gruppe GiescheAnd Artist in Residence an den Kammerspielen,
entwickelt zusammen mit dem Musiker
Ludwig Abraham ein Panoptikum der Selbstbespiegelung:
Come in. And watch.