DIE GESCHICHTE DER ALGORITHMEN: VON GEOMETRISCHEN RITUALEN IM ALTERTUM ZU MODERNER K.I.
VON MATTEO PASQUINELLI / Moderation: Tobi Müller // Auf Englisch, Eintritt frei
Vortrag
„Algorithmen“, schreibt der Mathematiker Jean-Luc Chabert, „gibt es seit Beginn der Zeitrechnung und existierten, bevor für sie ein Wort geprägt wurde. Sie sind nicht auf das Feld der Mathematik beschränkt. In Babylon wurden sie verwendet, um über die Anwendung von Gesetzen zu entscheiden. Lateinlehrer benutzten sie, um die Einhaltung der Grammatik zu erleichtern, und sie kamen von seit jeher in allen Kulturen zum Einsatz, wenn es darum ging, die Zukunft vorherzusagen, über medizinische Behandlungen zu entscheiden oder Essen zuzubereiten.“
Algorithmen
sind aus rituellen Praktiken hervorgegangen und dienen der Organisation
des sozialen Lebens. Auf ganz ähnliche Weise gehen Algorithmen
heutzutage, im Zeitalter von Maschinenlernen und Künstlicher
Intelligenz, aus persönlichen Daten und kollektiven Verhaltensmustern
hervor. Weil das so ist, muss sich unsere Perspektive auf sie verändern.
Üblicherweise werden sie als Anwendungen abstrakter und komplexer
mathematischer Formeln betrachtet. Das Gegenteil ist der Fall: Selbst
die komplexesten Algorithmen sind Ausdruck sehr konkreter materieller
Praktiken. Sie bilden Prozesse ab, die in ständiger Bewegung sind und
gehen aus einer vorher spontanen Aufteilung von Raum, Zeit und Arbeit
hervor.
Künstliche Intelligenz ist eine enorme maschinelle Imitation kollektiver Intelligenz.
Am 12. Juni um 19 Uhr.
Matteo Pasquinelli ist Professor für Medienphilosophie an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, wo er die Forschungsgruppe für künstliche Intelligenz und Medienphilosophie KIM (kim-hfg-karlsruhe.de) koordiniert. Kürzlich gab er unter anderem die Anthologie „Alleys of Your Mind: Erweiterte Intelligenz und seine Traumata heraus. Seine Forschung konzentriert sich auf die Schnittstelle zwischen kognitiven Wissenschaften, digitaler Wirtschaft und Maschinelles Lernen. Für Verso Books bereitet er zur Zeit eine Monographie mit dem vorläufigen Titel "Das Auge des Meisters: Kapital als rechnerische Erkenntnis" vor.
Im Kontext des Festivals „Politik der Algorithmen – Kunst, Leben, Künstliche Intelligenz“ von 11. bis 16. Juni 2019