Theaterkasse
Maximilianstraße 26-28
Mo-Sa: 11:00 – 19:00
+49 (0)89 / 233 966 00
theaterkasse@kammerspiele.de
This page has not been translated into English. The page will be displayed in German.
Maximilianstraße 26-28
Mo-Sa: 11:00 – 19:00
+49 (0)89 / 233 966 00
theaterkasse@kammerspiele.de
Here you will find contact persons from dramaturgy, art and technology.
„Mephisto“— Das ist zum einen der Titel des 1936 erstmals erschienen Roman von Klaus Mann. Es ist aber auch eine literarische Figur in Goethes Faust, der Teufel, — und damit nicht zuletzt und vor allem die Paraderolle des Schauspielers, Regisseurs und späteren Theaterintendanten Gustaf Gründgens, dessen Leben Klaus Mann zur Grundlage für seinen Roman nimmt.
Mephisto, der Zerstörer, der das Licht nicht liebt, „der Geist der stets verneint! / Und das mit Recht; denn alles was entsteht / Ist werth daß es zu Grunde geht; / Drum besser wär’s daß nichts entstünde.“
Klaus Mann und Gustaf Gründgens lernen sich 1925 in Hamburg bei der gemeinsamen Arbeit an Manns Stück „Anja und Esther“ kennen, in dem neben Klaus‘ Schwester Erika Mann und Pamela Wedekind sie selbst beide auch mitspielen. Sie werden Freunde und Gründgens heiratet schließlich Erika Mann.
Während Mann als Schriftsteller immer bekannter wird, nimmt Gründgens’ Karriere als Schauspieler und Regisseur ihren Lauf. Von Hamburg nach Berlin, wo er zwar erst beim Publikum floppt, mit seiner Paraderolle als Mephisto aber schließlich doch noch Liebling des Berliner Publikums wird.
1929 lassen sich Erika Mann und Gründgens scheiden. 1931 geht die Familie Mann ins Exil, wo die Politisierung Klaus Manns immer mehr zunimmt. Die Freundschaft der beiden zerbricht, die politischen Auffassungen bilden unüberbrückbare Differenzen. Gründgens wird schließlich im Jahre 1934 von Hermann Göring zum Intendanten ernannt, Mitglied der NSDAP wird er nicht. Er gerät in die Rolle seines Lebens: Lavieren zwischen Anpassung und Aufbegehren, zwischen Profit und Systemkritik, zwischen Kunst und Macht. Gründgens’ Rolle im Nationalsozialismus bleibt umstritten, einer weiteren Karriere im Nachkriegsdeutschland steht aber dennoch nichts im Wege.
Im Exil beginnt Klaus Mann seinen „Roman einer Karriere“ zu schreiben.
Nach Kriegsende erregt der Roman weiter viel Aufsehen, auch bis weit nach dem Tod beider ehemaligen Freunde – Klaus Mann stirbt 1949 an einer Überdosis Schlaftabletten, Gustaf Gründgens stirbt plötzlich 1963 aus möglicherweise ähnlichen, nicht abschließend geklärten Gründen in Manila, mit den letzten Worten: „Ich habe glaube ich zu viel Schlafmittel genommen, mir ist ein bisschen komisch. Lass mich ausschlafen.“
Am 31. März 1964 erhebt Peter Gorski als Adoptivsohn und Erbe Gustaf Gründgens’ vor dem Landgericht Hamburg Klage gegen den Verlag. Mephisto wird daraufhin wegen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht in der BRD verboten. Der Prozess läuft zwischen 1964 und 1971 und gilt als bekanntester Literaturprozess der Nachkriegszeit.
Der Roman polarisiert zwischen fiktivem Gegenwartszeugnis und Entlarvung des Opportunismus einzelner Zeitgenoss*innen. Tatsächlich oszillieren alle Figuren, auch wenn sie andere Namen tragen, mit ihren realen Vorbildern aus Kultur und Politik und legen deren Verhaltensweisen in ihrer Zeitgenossenschaft offen.
Der unaufhaltsame Aufstieg des Schauspielers und späteren Intendanten Höfgen geschieht nicht ohne innere Zerrissenheit und ohne den Verrat an Freund*innen und Kolleg*innen. Höfgen sagt einmal: „Ich kann nicht gegen etwas leben. Es reicht mir vollkommen, Erfolg zu haben.“ Dafür ist er bereit, allen Widersprüchen und Gegenspieler*innen zum Trotz, Beziehungen zu opfern wie zu nutzen. Er stellt sich in ein mindestens ambivalent zu bewertendes Verhältnis zum Nationalsozialismus. Gleichzeitig bleibt die Frage nach ‚Gehen oder Bleiben‘, um innerhalb des faschistischen Systems zu wirken und auch Menschen im Theater schützen zu können, ebenso ambivalent.
Regisseurin Jette Steckel nähert sich dem Stoff und seiner Handlung konzeptionell aus der Gegenwart an. Dabei geht es damals wie heute immer um die Frage, wie sich jeder Einzelne in der ihn umgebenden politischen Realität verhält. Die Handlung spielt überwiegend im Theater. Hier setzt auch die Dramatisierung der Vorlage und die Inszenierung an. Darin ist der Stoff auf eine gewisse Weise zeitlos. Die Dramatisierung nimmt die Romanhandlung schlaglichtartig auf und mit ihrer Inszenierung verlagert sich die Geschichte im doppelten Sinne auf und hinter die Bühne: Schauspieler*innen spielen Schauspieler*innen, wie sie die Vorlage anbietet. Schauspieler*innen proben für die Aufführung von „Mephisto“. Die Inszenierung macht so das Theater und die Rolle des Künstlers selbst zum Gegenstand der Untersuchung und schraubt sich aus der Gegenwart einer „Mephisto“-Probe in die Vergangenheit hinein. So wird sie da, wo sie weder durch den eigenen Erfahrungshorizont gedeckt sein kann, noch aktualisierbar zu sein scheint, zur Inszenierung von „Mephisto“ und entlarvt sich auch darin als Spiel.
Eine Zeitungsüberschrift titelte unlängst, „Nein, es ist nicht fünf vor 1933“ und widersprach damit einer falschen Analogiebildung. Tatsächlich lässt sich inhaltlich mit Mephisto eine unmittelbare Übertragbarkeit auf heute nicht herstellen, dennoch bildet der Text einen erstaunlichen Resonanzraum, um sprechend für unsere Gegenwart zu sein:
Kann sich das Theater von der Politik frei machen?
Wie weit kann jemand gehen, um Karriere zu machen? Wie verfängt man sich und wird zum Mitläufer oder gar Mitttäter? Sollte man gehen oder kann man bleiben? Wer hat Platz innerhalb einer Gesellschaft, wer wird ausgegrenzt oder gar verfolgt?
Die Autorin Sasha Marianna Salzmann beschreibt in dem Buch „Eure Heimat ist unser Albtraum“, wie sich Diskriminierungen stets in einem Spannungsfeld von drei Parteien abspielen: Angreifer*in, angegriffene Person und die Gruppe, die dazu schweigt. Diese Struktur klingt verdächtig, damals und heute von Aktualität zu sein.
Der Protagonist Höfgen sagt: „Manchmal habe ich Sehnsucht nach der Insel, die so weit entlegen ist, dass auf ihr all dies, womit wir uns quälen, sich auflöst und keine Realität mehr hat“ – wer wünscht sich das nicht manchmal. Aber kann die Kunst sich selbst genug sein? In einer Zeit, in der die AfD bei der Bundestagswahl zweitstärkste Kraft wird, in der amerikanische Politiker öffentlich den Hitlergruß zeigen, in der Rechts orientierte und faschistische Kräfte weltweit die Freiheit und demokratische Struktur unserer Gesellschaft bedrohen oder schon beschneiden, scheint es geboten, zu fragen: Is Reality stronger than fiction? Und es drängt sich die Folgerung auf, es bleibt wichtig, sich dazu zu verhalten und auch die Realität genau im Blick zu behalten.
Johanna Höhmann und Theresa Schlesinger
Gustaf Gründgens im Gespräch mit Günter Gaus | „Zur Person“ vom 10. Juli 1963
„Wie von mir wiederholt angemerkt, gab unser Gustaf sich hunderprozentig als Kommunist, eine Haltung, die mich persönlich kaum gestört hätte (obwohl sie der meinen diametral entgegenstand), die ich aber als unaufrichtig, versnobt, quasi-opportunistisch ablehnte, und die nicht unerheblich zu meinem Wunsche nach Scheidung beitrug. Daß Gründgens ‚gesinnungsmäßig‘ kein Nazi war, wird niemand bestreiten. Daß er aber gesinnungslos gewesen ist — und zwar so, daß er ‚trug‘, was gerade chic und nützlich war —, das ist wichtig.“
– Erika Mann über Gustaf Gründgens, 1968
Damit unsere Website technisch funktioniert, verwenden wir dafür erforderliche Cookies. Außerdem ermöglichen optionale Cookies eine bestmögliche Nutzung der Seite: einerseits zu Analysezwecken (Software Matomo, anonyme Auswertung) und andererseits, um Ihnen Medien über Drittanbieter wie YouTube anzubieten. Mit einem Häkchen geben Sie Ihr Einverständnis. Sie können jederzeit widerrufen. In unserer Datenschutzerklärung finden Sie weitere Details.
Notwendige Cookies helfen dabei, eine Website nutzbar zu machen, indem sie Grundfunktionen wie Seitennavigation und Zugriff auf sichere Bereiche der Website ermöglichen. Die Website kann ohne diese Cookies nicht richtig funktionieren.
Session-Cookies werden bis zum Schließen des Browsers gespeichert. Diese ermöglichen beispielsweise die Anmeldungen zum Pressebereich sowie die Ticketbestellungen über das Onlineformular.
Statistik-Cookies helfen Website-Besitzer*innen zu verstehen, wie Besucher*innen mit Websiten interagieren, indem Informationen anonym gesammelt und gemeldet werden. Das Analytik-Programm Matomo wird von dieser Website im datenschutzkompatiblen Modus ohne Cookies verwendet. Trotz der Analysemöglichkeit von Matomo ohne Cookies haben Sie als Seitenbesucher*in hier - unter Web-Analytik - eine Möglichkeit zum Widerspruch.
Externe Medien sind beispielsweise Inhalte von Videoplattformen und unseren Social-Media-Kanälen, die wir Ihnen als ergänzendes Angebot zur Verfügung stellen. Wenn Sie diese Cookies blockieren, werden diese Inhalte nicht angezeigt.
YouTube wird von dieser Website im »privacy modus« verwendet. Vor dem Besuch ist Ihre Einwilligung erforderlich.
Vimeo wird von dieser Website im Modus »Do Not Track« ohne Cookies verwendet. Vor dem Besuch bzw. Laden des Vimeo-Video-Scripts ist jedoch Ihre Einwilligung erforderlich.