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Das Schauspielhaus

Die Münchner Kammerspiele sind ein herausragendes Beispiel des Jugendstils in der Theaterarchitektur. Die Fassade des Gebäudes an der Maximilianstraße zeigt eine zurückhaltende Eleganz, die die neugotischen Einflüsse der Zeit widerspiegelt. Im Inneren entfaltet sich jedoch die ganze Formensprache des Jugendstils. Das Innere des Theaters besticht durch die für den Jugendstil typischen floralen und organischen Motive. Wände und Decken sind mit geschwungenen, pflanzenartigen Ornamenten verziert, die eine lebendige und dynamische Atmosphäre schaffen. Diese Muster finden sich auch an Geländern und Beleuchtungskörpern, die oft aus kunstvoll geschmiedetem Eisen mit floralen Elementen bestehen. Charakteristisch für den Jugendstil ist auch die Farbgestaltung der Innenräume. Es dominieren warme Erdtöne, die durch Grün- und Goldtöne ergänzt werden. Diese Farbgebung unterstreicht die floralen Motive und verleiht dem Raum eine behagliche und zugleich elegante Atmosphäre. Die üppigen Textilien der Bestuhlung und der Vorhänge greifen die Farbtöne auf und tragen zur Veredelung des Raumes bei. Die Konzeption der Kammerspiele als intimes Theater mit enger Zuschauer*innen-Bühnen-Interaktion entspricht dem Gesamtkonzept des Jugendstils, das auf ein ganzheitliches ästhetisches Erlebnis abzielt. Insgesamt stellen die Münchner Kammerspiele sowohl in ihrer äußeren als auch in ihrer inneren Gestaltung ein besonderes Beispiel des Jugendstils in München dar. Der Innenraum besticht durch seine kunstvolle Detailgestaltung und harmonische Farbgebung, die den einzigartigen Charakter des Theaters ausmachen und einen Gegenpol zur luxuriösen Maximilianstraße bilden.

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Erbaut wurden die Münchner Kammerspiele in den Jahren 1900-1901. Grundstückseigentümer Arthur und Max Riemerschmid beauftragten das damals größte auf Theaterbau spezialisierte Münchner Baugeschäft „Heilmann & Littmann“ mit dem Bau des Schauspielhauses. 1911 gründete der Intendant Erich Ziegel die Münchner Kammerspiele in der Augustenstraße 89 unter dem Namen „Münchner Lustspielhaus“. Mit der Eröffnungspremiere am 19.9.1926 von Georg Büchners „Dantons Tod“ zog das Schauspielhaus offiziell in die Maximilianstraße um. Die Anlage der Straße wurde zwischen 1853 und 1875 unter König Maximilian II. angelegt. Kennzeichnend für den „Maximilianstil“ der Architekten Bürklein, Ziebland, Gottgetreu, Voit und Riedel sind die klassisch proportionierten Baukörper, gotisierende Formen und Strebepfeiler, die in ständiger Wiederholung den Fassaden ihr grafisch zurückhaltendes Relief verleihen. Die Fertigstellung erfolgte Ende März 1901, die Aufstockung der Hinterbühne und des wichtigen Künstler*innengarderobentraktes wiederum 1925. Der Zuschauer*innenraum wurde 1970-1971 von Reinhard Riemerschmid restauriert. Am 23.3.2003 fand die Eröffnungspremiere von William Shakespeares „Othello“ in der Regie von Luk Perceval statt.

Die heutigen Kammerspiele sind im Vergleich zu anderen Theatern ein kleines Haus. Von außen an der Münchner Prachtstraße Maximilianstraße wenig auffallend gelegen, erstreckt sich der Gebäudekomplex über Gärten und Häuserblocks zwischen Maximilians-, Hildegard-, Kanal- und Falckenbergstraße. Das Grundstück von ca. 6800 m² wurde mit Baukosten von insgesamt 380.000 Mark bebaut.

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Die Münchner Kammerspiele, ein tiefgestellter Rechteckbau mit Vorhalle und seitlichen Risaliten, zeichnen sich durch einen gegliederten, leicht verständlichen Grundriss aus. Durch den vorgelagerten Baukörper im Stil der englischen Gotik besitzt das Schauspielhaus keine eigene Fassade. Die Erschließung erfolgt über zwei Flure, die das Gebäude an der Maximiliansstraße 26 und an der Maximiliansstraße 26 & 28 durchqueren sowie eine Verbindung zu dem im Innenhof gelegenen Schauspielhaus.

Im Erdgeschoss befindet sich eine querrechteckige Eingangshalle, das Steinfoyer, mit Kassenhalle und direktem Zugang zur Garderobe und innerem Foyer. Von diesem aus gelangt man in den Zuschauer*innenraum mit Tribüne und Bühne. Das eingeschossige Rangtheater bietet insgesamt 727 Sitzplätze. Das schräg ansteigende Parkett und der weit in den Raum ragende Rang sind bestuhlt. Der obere Rang verfügt über 9 Logen. Sie dienen als Saalabschluss und lassen durch ihre Bauweise den Raum kleiner erscheinen als er ist. Dies unterstützt den intimen und atmosphärischen Eindruck des Theaters. Mit der Zweigeschossigkeit und dem relativ kleinen Zuschauer*innenraum zielte Littmann darauf ab, von allen Plätzen aus optimale Sichtverhältnisse zu schaffen und die Zuschauer*innen der Bühne näher zu bringen. Das Proszenium, der Übergang zur Bühne, ist in beiden Rängen mit jeweils zwei getrennten separaten Logen ausgestattet.

Das zweite Obergeschoss ist durch ein Foyer, das Auditorium in der Mitte und die umrahmenden Garderoben dreigeteilt. Diese strukturelle Dreiteilung ist jedoch nur im Querschnitt erkennbar. So wiederholt sich der Grundriss in der Raumaufteilung und Nutzung des Erdgeschosses im Bühnenbereich. Mit dieser klaren und durchdachten Gliederung schaffen die Münchner Kammerspiele eine einladende und funktionale Umgebung für ihre Besucher*innen und ein effizientes Arbeitsumfeld für Künstler*innen sowie Mitarbeitende.

Dahinter befindet sich das Bühnenhaus, in dem neben der Bühne auch der Bühnenturm, Requisiten- und Kulissenräume sowie Garderoben untergebracht sind. Die Vorderbühne ist 19 Meter breit öffnet sich über 5,70 Meter zum Zuschauer*innenraum. Daran schließt sich die Hinterbühne an, über welche die Bühnenbilder und Requisiten über Kassettenklappen leicht transportiert werden können. An den Querseiten befinden sich jeweils Ausgänge zum Innenhof. Dieser diente früher als Garten, heute befinden sich hier Werkstätten und Requisitenräume.

Leonie Oberhauser, Maxi Friedl, Moritz Segura Kanngießer, Shanice Sadikov (Akademie der bildenden Künste, SoSe 2024, Architekturseminar von Dr. Ayca Beygo)

Hier gibt's die virtuelle Tour durchs Schauspielhaus: