MK:

Leistung lohnt sich (nicht)

Von Nenad Čupić

Ein Kind geht hungrig schlafen.
Am selben Abend sprechen Politiker in einer Polittalkshow über „Anreize zum Arbeiten“.
Als hätte Armut mit Faulheit zu tun.
Nicht mit Herkunft, nicht mit Erbe, nicht mit Wohnort, nicht mit Glück.

Merz nennt das Bürgergeld „sozial ungerecht“,
Spahn sagt: „Leistung muss sich wieder lohnen.“
Und während Söder von „Fördern und Fordern“ spricht,
fordern Investmentfonds still die Stadtteile auf und kriegen sie.

Geld spricht (nicht).
Über Geld spricht man (nicht).
Über Bürgergeldbezieher*innen schimpft man,
laut, verzerrt, fern der Fakten, moralisch aufgeladen.
Auf die Armen schaut man hinab,
bei Cum-Ex schaut man lieber weg.
Geld trennt nicht nur, es formt.
Blicke, Wege, Chancen.

Einige Kinder lernen früh zu verzichten,
andere, wie man Steuern spart, bevor man überhaupt welche zahlt.
Eine Großmutter kämpft mit der Heizkostenabrechnung,
eine Content-Creatorin verdient am Tag mehr als eine Altenpflegerin im Monat.
Während in Deutschland jedes Jahr rund 400 Milliarden Euro vererbt, verschenkt, weitergereicht
werden – still, steuerfrei, selbstverständlich,
verliert der Staat über 40 Milliarden Euro durch Cum-Ex. Cum-Cum. Cum-nochmal.
Man kann sich ja nicht mehr erinnern.

Oben wächst das Vermögen.
Ohne Mühe. Ohne Antrag. Ohne Wartezimmer.
41,7 Milliarden bei einem.
Einem.
Klaus-Michael Kühne.

Und unten?
Unten lebt jede fünfte Person in Armut. Bedroht. Vergessen. Abgehängt.
Ein Fünftel, das rechnet, verzichtet, zögert,
Formulare sucht, Scham schluckt
und hofft,
dass es reicht.
Viele mühen sich ab – zwischen Minijob, Flaschensammeln, Antrag.

Vielleicht reden wir so ungern über Überreichtum,
weil er uns zu deutlich zeigt, dass wir nicht in einer Leistungsgesellschaft leben,
sondern in einer Vermögensgesellschaft.
Oder weil er uns unweigerlich mit der Frage konfrontiert,
wer leben darf und wer kämpfen muss.
Um’s Überleben.
Das Vermögen schweigt im Verborgenen.
Es lacht, wenn wir uns über das Bürgergeld streiten.