MK:

Wie entstand eigentlich Geld?

„Geld. Die Weltreligion“ – ein Vortrag von Ben

„Geld entstand als Leute begannen, Goldklumpen in Münzenform zu pressen. Geschaffen war die Kurantmünze. Eine praktische Währung, die man gegen Zeug tauschen konnte. Schnell fanden die Menschen zu ihrer Betrugslust und verringerten den Goldanteil, bis die Händler durch beherztes Zubeißen auf den Schwindel kamen. Der Ursprung der ersten Inflationen. Und die Scheidemünzen entstanden. Die Herausgeber der Münzen gaben zu, dass bei diesem Zahlungsmittel die Zahl auf der Münze nichts mehr mit dem Metallanteil zu tun hatte, aber sie nannten es: Vereinfachung des Zahlungsverkehrs. Die Münzen waren immer noch schwer, unhandlich, darum erfand man Banknoten. Praktischer: Anstatt Gold und Silber zu transportieren, bekam man nun ein Dokument im Gegenwert von Gold und Silber. Die Bank of England und die Royal Bank of Scotland, die das Pound Sterling druckten, begannen bald zu verschweigen, was genau der Gegenwert des Versprechens auf den Zetteln war. Die Menschen einigten sich auf die Existenz von Gott und den Wert des Geldes, und die Banken erfanden das Kreditgeld. Das bald nur noch als Glauben funktionierte. Und dann wurde Geld! ›Fiat Money‹, entkoppelt von Gold und Silber, im Gesetz verankert, Stempel drauf. Das Papiergeld ließ sich mit Wertpapieren und Vermögensanteilen, Besitzurkunden, Hypotheken für Grundstücke, Aktien für Geschäftsanteile rechtfertigen, die man im Zweifel verkaufen konnte, um dafür – Zettel zu erhalten. Wer Banknoten bekommt, dessen Forderung ist in jedem Fall erfüllt. Pech des Zettelbesitzers, wenn die Zettel ihren Wert verlieren. Dann kann man klagen. Wegen Betrugs zum Beispiel. Aber – gegen wen? Gegen Banken? Oder gar die Börse? Mit ihrem unschätzbaren Wert für die Gesellschaft. Die Forschung. Die Arbeitsplätze. Das Wachstum. Die Pensionen. An der Börse wächst der Terminhandel – auf Nahrungsmittel. Wenn die Bevölkerungen satt sind – verlieren Lebensmittel ihren Wert. Haben sie Hunger, steigt der Preis. Auf dieser einfachen Erkenntnis basierten Forward-Contracts: Zum Beispiel, dass man auf den Wert von Nahrung wettet, wenn der Winter kommt, oder eine Dürre oder ein Krieg ansteht, und die Menschen Hunger haben – Dann entstanden Options. Das Recht, zu einem guten Preis zu verkaufen, wenn der Preis eventuell hoch ist – Put-Option –, und das Recht, zu einem guten Preis zu kaufen, wenn der eventuell niedrig ist – Call-Option. Dann kamen die Futures, das Recht, Call-Options zu einem hohen Preis zu verkaufen, sobald irgendwas Außergewöhnliches eintritt, also man kann auf Wettergebnisse wetten. Es gibt den Nominal-„Wert“ von Derivaten, der höher ist als das gesamte Vermögen des Planeten. Und die Börsenvorhersagen, die An- und Verkäufe, werden durch Algorithmen durchgeführt, die durch Glasfaserkabel rasen, Bruchteile von Sekunden entscheiden über Aufstieg und Fall von Unternehmen, wer seine Server und Hochsicherheitskabel näher an der Börse platzieren kann, gewinnt, er siegt mit immer neuen Luftnummern und komplizierten Tricks, die auch Eingeweihte kaum verstehen, über Durst oder Hunger von Menschen, bestimmt den Gewinn von Aktiengesellschaften, die keine Menschen sind, sondern nur juristische Personen. Sie bestimmen über die Renten und ob Menschen ihre Wohnung verlieren, und allem liegt nichts weiter zugrunde als der Drang, ganz oben zu sein, an der Spitze der Pyramide und dann. O.k. Irgendwas.“

Entn.: Sibylle Berg: „RCE - #RemoteCodeExecution“, S.531 ff.